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Eisenwalzwerk (Moderne Cyklopen)

Das Eisenwalzwerk (später: Moderne Cyklopen) ist ein realistisches Gemälde von Adolph von Menzel aus den Jahren 1872 bis 1875. Es ist eines seiner Hauptwerke aus der Zeit, als der Maler sich hauptsächlich mit Gegenwartsthemen und der sozialen Frage als Folge des ungehemmten technischen Fortschritts während der Industriellen Revolution beschäftigte. Das Bild erregte großes Aufsehen und gehört heute zur Sammlung der Berliner Alten Nationalgalerie.

Beschreibung Das Gemälde hat die Maße 158 × 254 cm, ist in Öl auf Leinwand ausgeführt und trägt unten links die Signatur Adolph Menzel. Berlin 1875. Gekauft wurde es 1875 von dem Auftraggeber, dem Unternehmer Adolf von Liebermann für 11.000 Taler, doch bereits im November, nach der Pleite Liebermanns, ging es für 30.000 Taler an die Berliner Nationalgalerie unter Federführung des Direktors Max Jordan, der aufgrund des hohen Preises ein Ersuchen zum Kauf an das preußische Kulturministerium richtete, wobei er das Bild als „ergreifendes Werk des Heldenmutes der Pflicht", einer neuen Art der „Historienmalerei mit sittlicher Wirkung" und als „Verherrlichung der groben Arbeit des modernen Culturlebens" in seinem Brief anpries.

Das Werk zeigt die Fabrikhalle der oberschlesischen Königshütte, einem Walzwerk für Eisenbahnschienen, das sich seit 1871 nach mehreren Fusionen in Privatbesitz von Carl Justus Heckmann befand und zu jener Zeit etwa 3000 Arbeiter beschäftigte. In der verrauchten Fabrikhalle sind über 40 Arbeiter zu erkennen, die gerade Schichtwechsel hatten. Die Arbeiter am Ofen befördern teilweise barfuß in Holzpantinen und ohne Schutzhandschuhe die weißglühende sogenannte Luppe mit Zangen und durch Kippen eines eisernen Handwagens in die Profilwalzen.

Am rechten Rand des Bildes befindet sich ein handbetriebener Kran mit Zahnradübersetzung und Kettenzug. Am vorderen unteren rechten Rand sitzen erschöpfte Arbeiter neben einer Presse, die in der Mittagspause eine Mahlzeit zu sich nehmen, die von einer jungen Frau in einem Korb hergebracht wurde. Die Menschen konzentrieren sich meist auf ihre eigenen Aktivitäten, nur die junge Frau neben den essenden Arbeitern scheint den Betrachter direkt anzuschauen. Links sind Männer zu erkennen, die sich nach Schichtende mit nacktem Oberkörper waschen.

In der linken oberen Bildhälfte befindet sich ein Mann mit Mantel und Bowlerhut, der scheinbar unbeteiligt durch diese Halle schlendert und seinen Blick zum oberen Teil eines Puddelofens über dem Schwungrad als der Kraftquelle der Presse richtet. Er wurde von Menzel selbst als „Dirigent" bezeichnet. Hierzu schrieb der Kunsthistoriker Werner Busch:

Geschichte und Hintergrund Menzel befand sich in den 1870er Jahren in einer widersprüchlichen Situation. Einerseits seiner persönlichen künstlerischen Intention, andererseits den Ansprüchen der damaligen Gesellschaft verpflichtet, nämlich die Fortführung seiner bekannten Bilderserie über Friedrich den Großen, die er abgebrochen hat. Menzel war bereits berühmt und man erwartete eine bestimmte Art der Malerei von ihm, auch wenn er nun wirtschaftlich unabhängig von Aufträgen war. Menzels persönliches Anliegen war es, den arbeitenden Menschen darzustellen, und hat mit dem Eisenwalzwerk ein Meisterwerk geschaffen, das in einer Zeit, in der bereits der uneingeschränkte Glaube an den technischen Fortschritt hinterfragt wurde, bei seiner Präsentation sensationell wirkte. Die ungehemmte industrielle Revolution nach der deutschen Reichsgründung 1871 zeigte nach einem anfänglichen Wirtschaftsaufschwung nach dem gewonnenen Krieg gegen Frankreich, bald ihre sozialen Folgen, die Menzel in diesem Gemälde darstellt. Es ist das erste Bild in Deutschland, das diese inhumanen und prekären Folgen der Bismarckschen Industriepolitik offenbart. Menzel zeigt in seinem Werk schonungslos die Schichtarbeit. Der Begriff Moderne Zyklopen für die Stahlarbeiter prägte 1852 der Kunsthistoriker Friedrich Eggers, als er in einem Artikel im Deutschen Kunstblatt neue Motive aus Industrie und Alltag für die Bildende Kunst empfahl, allerdings in unkritisch idealisierender Art. Später wurde der Begriff auch von Karl Marx in seinem I. Band des Kapitals verwendet. Menzel wählte für sein Bild nicht die Schwerindustrie des Ruhrgebiets, sondern das Revier in Oberschlesien, wo die Arbeitsbedingungen härter als an der Ruhr waren. Es kam seit 1871 bis zur Krise von 1873 zu Aufständen und Kontroversen zwischen den katholischen polnischen und den deutschen protestantischen Arbeitern. Menzel war sich der gesellschaftlichen Umbrüche bewusst und stellt in seinem Bilde das Motiv von seiner brisanten Seite, dem Menschen, dar. Die Monstrosität des zu erwartenden Massen- und Maschinenzeitalters nimmt der Maler hier vorweg und zeigt, wie der Rhythmus der arbeitenden Maschinen die Menschen in ihren Bewegungsabläufen hektisch werden lässt. Der Arbeiter ist so zu einem degradierten Teil der Maschine geworden.25 Jahre später formulierte er in der kleinen Auftragsarbeit Besuch im Eisenwerk, 1900, die soziale Kritik deutlicher, indem er den Gegensatz von Herr und Knecht in den Mittelpunkt stellt.

Schon seit 1855, als der Künstler die Pariser Weltausstellung besucht hatte, fertigte er Zeichnungen von Schmieden an, die an einem Amboss oder an einem Dampfhammer arbeiten. Menzel kannte außerdem das Bild Die Steineklopfer von 1849 (Gemäldegalerie Dresden, Kriegsverlust) von Gustave Courbet, das ihn in seiner Intention bestärkte. Eine weitere Inspiration könnten ihm die Industriebilder des Lithografen François Bonhommé geliefert haben, die im Auftrag der Fabrikbesitzer entstanden und zum ersten Mal die Arbeiter als Individuen darstellten. Davor ging es in den sogenannten Industrieveduten nur um imposante Maschinenanlagen, der Mensch war Nebensache. Menzel hatte aber auch selbst Einfluss auf andere Künstler. So ist anzunehmen, dass Paul Friedrich Meyerheim seinen sechsteiligen Bilderzyklus Die Lebensgeschichte einer Lokomotive für die damalige Villa Borsig, nicht wie ursprünglich geplant als Allegorie darstellte, sondern in realistischer Manier wie Menzels Eisenwalzwerk ausführte. Menzels Bild ist näher an der Wirklichkeit, Meyerheim hingegen verklärt genrehaft und idealisiert seine Darstellung.

1875
Öl auf Leinwand
158.0 x 254.0cm
A I 201
Abbildung en tekst met dank aan Wikipedia, 2023

Wo Sie das finden können

Alte Nationalgalerie
Alte Nationalgalerie
Permanente Sammlung