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Lucca-Madonna

Als Lucca-Madonna wird ein Gemälde des flämischen Malers Jan van Eyck bezeichnet, das vermutlich zwischen 1432 und 1441 entstand. Den Namen trägt es nach Karl II. (Parma), dem Herzog von Lucca, in dessen Sammlung sich dieses Gemälde zeitweise befand.

Das 65,7 mal 49,6 Zentimeter große Gemälde zeigt eine auf einem hölzernen Thron sitzende und von einem Baldachin überkrönte Madonna, die den Christusknaben stillt. Diese Form der Mariendarstellung wird häufig auch als „Maria Lactans" bezeichnet. Sie löste im 14. Jahrhundert die bis dahin idealtypische Darstellung Mariens als Himmelskönigin ab, wie sie für die Hochgotik charakteristisch war.

Bildträger des Gemäldes sind drei vertikal angeordnete Eichenholzbretter. Die kleine Bildgröße lässt darauf schließen, dass es als privates Andachtsbild gedacht war. Der Auftraggeber des Gemäldes ist unbekannt. Heute befindet sich das Gemälde im Städel Museum in Frankfurt am Main und gilt als eines der bedeutendsten Werke dieser Sammlung.

Bildaufbau Die mit 63,8 mal 47,3 Zentimeter verhältnismäßig kleine Bildfläche lässt den Schluss zu, dass das Bild nicht für den Altarraum einer Kirche bestimmt war, sondern für einen Auftraggeber gemalt wurde, der ein privates Andachtsbild wünschte. Auch die Ausführung des Bildes lässt darauf schließen. Der durch den unteren Bildrand beschnittene Teppich, die oberhalb der Bildmitte befindlichen Figurendarstellungen sowie die scheinbar willkürliche Beschneidung von Deckengewölbe und Seitenwänden geben dem Betrachter das Gefühl, sich im selben Raum wie die erhöht sitzende Marienfigur mit dem Christusknaben zu befinden. Einige Details wie der auf der Kante der Thronstufen aufbrechende Teppichflor sind ein Beleg dafür, dass das Gemälde für einen Betrachter geschaffen wurde, der sich in extremer Nahsicht mit dem Bildinhalt auseinandersetzen kann. Oswald Goetz schrieb dazu in einer Bildbetrachtung aus dem Jahre 1932:

Der Beschauer hat sich dem Thron genähert. Er teilt die Kühle des Raumes mit dem Paar, übermächtig groß thront Maria vor ihm. Man hat das Gefühl, als nähme man ungerufen teil an dieser intimen Stunde. Wie zu einem Zeremoniell in aller Pracht gekleidet, sitzt Maria auf dem Thron, in feierlicher Größe und Unnahbarkeit, und wie durch ein Wunder enthüllt sich uns die heiter-ernste Beschäftigung von Mutter und Kind, die niemandes achtend anmutig einander hingegeben sind. Das weiche, gedämpfte Licht überspielt sie, wir sind so nah, daß wir die Stäubchen in der Luft fallen und steigen sehen.

Trotz dieser monumentalisierenden Überhöhung der Marienfigur und des Christusknabens beschreibt János Végh es als intimes, bürgerliches Bild. Die beiden Figuren thronen nicht in einem prächtig ausgestatteten Kirchenraum wie etwa bei dem Dresdner Marien-Triptychon. Es fehlen auch Schutzheilige, die die Besonderheit des Augenblicks betonen. Nur der Teppich und der Baldachin heben die beiden Figuren aus der schlichten Umgebung hervor. Die räumliche Tiefe wird durch die perspektivische Darstellung der Fliesen sowie des Thronsockels und der Löwenskulpturen auf Arm- und Rückenlehne betont. Die Verwendung von Fliesen zur Betonung der Tiefenausdehnung weisen auch auf den Einfluss italienischer Bilder hin, die Jan van Eyck während seiner vermuteten Italienreise studieren konnte. Auch die große, pyramidenförmig fallende Heuke, die die Marienfigur umhüllt, betont die Raumtiefe. Der Faltenwurf des Umhangs an seinem Ende deutet an, dass sich unter dem Umhang Thronstufen verbergen. Eine scharfe Linie betont die Kniehöhe der Marienfigur. Die Oberschenkelpartie sowie die Sitzfläche des Thrones sind nicht dargestellt, was dem Betrachter den Eindruck verleiht, zu einer erhöht sitzenden Figur aufzublicken. Sein Augenpunkt ist so gewählt, dass er auf der Knielinie ruht.

Die Darstellung des Christusknaben in einer Seitensicht ist eines der Bildmerkmale, die die Lucca-Madonna von norditalienischen Andachtsbildern unterscheidet, bei denen die zentrale Figur grundsätzlich in Frontalsicht gezeigt wird. Diese Darstellungsform taucht das erste Mal bei Pariser Buchmalern zu Beginn des 15. Jahrhunderts auf, findet sich bei Mariendarstellungen der Très Riches Heures der Brüder von Limburg sowie in einem in Utrecht entstandenen Andachtsbuch der Maria von Guelders aus dem Jahre 1415. Die Kunsthistorikerin Carol Purtle konnte anhand der Ähnlichkeit der Bildlösungen nachweisen, dass Jan van Eyck mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einigen dieser Buchmalereien vertraut war.

1437
49.6 x 65.7cm
Q474409
Abbildung en tekst met dank aan Wikipedia, 2023