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Primavera (Botticelli)

Primavera ([ˌprimaˈveːra] Frühling) ist ein Gemälde des italienischen Renaissancemalers Sandro Botticelli. Das Bild gehört zu den bekanntesten und am häufigsten reproduzierten Werken der abendländischen Kunst. Die Bedeutung des Bildes, seine Funktion in der dynastischen und Kulturpolitik der Medici, hat im Laufe der Zeit unterschiedliche Interpretationen erfahren und gilt bisher in der Kunstwissenschaft als nicht überzeugend geklärt. Botticelli widmete sich häufig allegorischer Themen, die am Hof der Medici sehr beliebt waren und heute einer Deutung bedürfen.

Beschreibung Das großformatige Bild zeigt vor einem Orangenhain eine nebeneinander aufgereihte Gruppe von acht Personen mit einem blinden Amor über der mittleren Figur, der dabei ist, einen Pfeil abzuschießen. Amor ist der ständige Begleiter der Liebesgöttin Venus. Diese, in dem Bild in zentraler Position, ist aus der Reihe ein wenig zurückgetreten. Sie trägt ein leichtes weißes Kleid und einen roten Mantel, den sie sich über die rechte Schulter und den erhobenen Arm geworfen hat. Zu ihrer Linken schreitet Flora über die Wiese und streut Rosen. Neben ihr stürzt sich ein bläulicher Mann mit wehenden Tüchern auf eine junge Frau, die sich ihm zwar zuwendet, aber gleichzeitig vor dem Heranstürmenden flieht. Aus ihrem Mund kommen Rosenblüten. Der Mann ist an seinen aufgeblasenen Wangen als ein Windgott Zephyr zu erkennen, der im Begriff ist, die Nymphe Chloris zu ergreifen. Bei Ovid heißt es: ... während sie sprach, haucht sie Frühlingsrosen aus ihrem Munde: Chloris war ich, die ich [jetzt] Flora genannt werde... und Es war Frühling, ich irrte umher; Zephyrus erblickte mich, ich ging weg. Er folgte, ich fliehe, jener war stärker [...] Die Gewalttat dennoch machte er wieder gut dadurch, dass er mir den Namen der Gattin gab, und in meiner Ehe gibt es keinen Grund zur Klage. Stets genieße ich den Frühling, stets ist üppig blühend die Jahreszeit, die Bäume haben Laub und Nahrung stets der Erdboden.

In Ovids Gedicht hat Zephyr die Nymphe mit Gewalt erobert, sie dann zu seiner Gattin gemacht. Erst durch die Vereinigung der beiden ist das üppige Blühen und Früchtetragen der Feldflur, Mitgift der Nymphe, gesichert. In einem mit Blüten übersäten Kleid und mit Blumen bekränzt schreitet die in die Frühlingsgöttin Flora verwandelte Nymphe und streut Rosen aus ihrem geschürzten Gewand in die Blumenwiese.

Auf der rechten Seite der Venus tanzen drei in leichte Schleier gehüllte Frauen einen Reigen - es sind die drei Grazien, Sinnbild für weibliche Anmut und Schönheit, die vor allem in Bildern der Renaissance häufig als Begleiterinnen der Venus auftreten. Am linken äußeren Rand des Bildes vertreibt Merkur als Wächter des Gartens der Venus mit seinem Stab, dem Caduceus, aufziehende Wolken, um den ewigen Frühling zu gewährleisten.

Interpretationen Das Bild hat Anlass zu unterschiedlichen und widersprüchlichen Deutungen gegeben, deren Begründungen nicht immer stichhaltig oder auch nur befriedigend sind und in der Folge nur lückenhaft skizziert werden.

Kunsthistoriker der Warburg-Schule wie Edgar Wind und Ernst Gombrich sehen in dem Bild einen Niederschlag neuplatonischer Philosophie, wie sie am Hof Cosimos unter anderem durch Marsilio Ficino gelehrt wurde. Bei Ficino ist die Liebe durchaus eine elementare Triebkraft des Menschen; sie ist aber auch die Kraft, die die materielle Welt in eine geistige Welt der Ideen verwandeln kann. Sie weckt die sinnlichen Leidenschaften, die sie jedoch zu Humanität und universeller Harmonie sublimieren kann. In diesem Kontext ist die eher seltene Darstellung einer bekleideten Venus zu sehen. Die drei Grazien werden hier zur Verkörperung der selbstlosen Liebe - im Sinne Senecas als liberalitas - als Geben, Empfangen und Erwidern von Wohltaten.

Charles Dempsey sieht in dem Bild eine Symbolisierung des Frühlings, wobei Zephyr, Chloris und Flora den stürmischen Frühlingsmonat März personifizieren, Venus, Amor und die Grazien den April und Merkur den Mai. Maia war die Mutter des Gottes, und laut Ovid ist der Name dieses Monats von Maia abgeleitet.

Andere Interpreten deuten das Bild als christliche Allegorie, wobei die drei Grazien als die christlichen Tugenden Glaube, Hoffnung und Liebe interpretiert werden oder als bildliche Übersetzung des Gesangs 28-31, Purgatorium, aus Dantes göttlicher Komödie. Die zentrale Figur stellt nach dieser Auffassung Dantes Beatrice dar, die Frau im Blütenkleid Eva, Zephyr den Satan und Merkur den Adam, der nach den verbotenen Früchten des Paradieses greift.

Außerdem gibt es eine Reihe von astrologischen Interpretationen, die auf komplizierten astronomischen Berechnung über den Stand der Gestirne zum Zeitpunkt der Entstehung des Bildes beruhen und sich dabei auf die Vorliebe für astrologische Spekulationen am Hof der Medici und in der Renaissance überhaupt berufen.

Nach der Interpretation von Frank Zöllner gehört das Bild zum Genre der Hochzeitsbilder, die an den Höfen der Renaissance häufig aus derartigen Anlässen in Auftrag gegeben wurden. Lorenzo il Popolano war 1483 an die minderjährige und verwaiste Semiramide Appiani, Tochter des Jacopo III. von Piombino, verheiratet worden.

Für diese These als Schlüssel zur Primavera sprechen im Bild eine Reihe von Indizien: Die bekleidete Venus verkörpert hier nicht sinnliche Leidenschaft, sondern in der Ehe gebändigte und im Fortbestand der Familie erfüllte Sexualität. Die Myrtenzweige, die in dem nimbusartigen Halsausschnitt um den Kopf der Venus deutlich zu erkennen sind, sind sowohl Symbole für Jungfräulichkeit als auch für die Ehe. Die unfreiwillig zustande gekommene Ehe zwischen Zephyr und Chloris endete, nach Ovid, zur Zufriedenheit aller Beteiligten. Über dem Paar breitet sich ein Lorbeer - laurus nobilis - aus, eine dem zeitgenössischen Betrachter vertraute Anspielung auf den Namen Lorenzo, ebenso wie man die Orangen damals unschwer als Imprese der Medici lesen konnte. Auf Botticellis Bild beginnen die Orangenbäume, die reichlich Blüten und Früchte tragen, erst nach der Szene der gewaltsamen Eroberung der Nymphe durch Zephyr, Hinweis und Wunsch auf reiche Nachkommenschaft bei dem Hochzeitspaar. Die Grazien, in dieser Interpretation Symbole für weibliche Schönheit und Tugend, weisen auf das von der Braut erwartete tugendhafte Leben hin und Merkur, der die Wolken vertreibt, wacht über das Wohlbefinden des Hauses, das heißt des Hauses Medici. Eine weitere Anspielung auf das Brautpaar ergibt sich aus der Darstellung von Sergiusz Michalski, der in der Figur der Venus die Braut selbst, Semiramide Appiani, porträtiert sieht.

Nach neueren Studien könnte es sich allerdings auch um den Zyklus der Jahreszeiten mit den Monaten ab Februar rechts in Gestalt des Zephyr bis September links als Merkur handeln.

Andere sehen in der Mittelfigur Isis oder Persephone dargestellt.

In die Figur des Blumen streuenden Frühlings rechts von der Venus hat Botticelli nach älterer und jüngst wieder vertretener Auffassung möglicherweise die Gestalt der früh verstorbenen Simonetta Vespucci gekleidet. Sie trägt den für Botticelli typischen zart-blassen, melancholischen Ausdruck, der in zahlreichen allegorischen Darstellungen und Porträts wiederkehrt.

Simonetta, die Verehrte von Giuliano, des Bruders Lorenzo des Prächtigen, und die einzige Frau, die jemals in Zusammenhang mit Botticelli genannt wurde, kam bezeichnenderweise in der Stadt Porto Venere zur Welt, wörtlich übersetzt im „Hafen der Venus", wo nach altem Glauben die Göttin der Schönheit erstmals italienischen Boden betrat.

1480 Early Renaissance
Tempera on panel
203.0 x 314.0cm
8360
Abbildung en tekst met dank aan Wikipedia, 2023

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Uffizien
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Permanente Sammlung